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Julia Probst – eine Visionärin?

November 11, 2012

Geht es ihr wirklich um die Rechte der Menschen mit Hörschädigung? Wenn man ihren Texten folgen mag, könnte man meinen, ja. Dennoch muss man auch ein zweites Auge drauf halten. Wenn sie schon der Auffassung ist, dass die hörgeschädigten Verbandsfunktionäre allesamt korrupt und ein sonstiger Lumpenhaufen sind, dann muss man sich aber fragen, wo bleibt die Verantwortung? Wofür übernimmt sie Verantwortung? Wofür engagiert sie sich konkret? Für die Sache aller oder für sich selbst. Man kann aus der Ungerechtigkeit leicht einen Beruf machen. Nahezu eine Berufung. Auch hier stellt sich leicht heraus, dass es nicht um die Schnittmenge aller Hörgeschädigten geht, sondern um Julia Probst Eigeninteresse selbst. Es gebührt ihr Anerkennung, dass sie einen Bloq auf den Weg gebracht hat, der auch gelesen wird. Das ist in der Tat eine Meisterleistung. Sobald die Anerkennung von Betroffenen da ist, geht es aber oft nicht mehr um die Sache der Betroffenen selbst. Es geht um den eigenen Ruhm.

Ihr ist die Materie der Komplexität der Verbandsarbeit nicht bekannt. Die Verbände gleich als korrupt zu brandmarken, offenbart Julia Probsts Intentionen insoweit, dass es ihr nicht um die Verantwortung gehen kann, sich ernsthaft um die Veränderung im Sinne eines proaktiven Gestaltens mit der Gesellschaft zu bemühen. Auch wird sie wissen müssen, früher oder später, dass sich eine Minderheit nur dann Gehör verschaffen kann, wenn sie sich geschlossen als Gruppe versteht, identifiziert und auftritt. D.h. ohne Gruppenbildung in Form von Verbänden wird es nicht laufen können. Die Frage ist aber auch, was hält Akteure wie Julia Probst davon fern, sich in einem Verband zu engagieren. Das ist die interessante Frage. Ist sie in der Tat eine Persönlichkeit, die für eine Sache kämpft? Fakt ist, sie scheut den Kampf um die Mühlen der Verbände und Vereine. Stattdessen ist es einfacher eine Pauke aus der Mottenkiste zu holen und wild in die Welt Botschaften über die ungerechte Welt zu posaunen – aber wem wird hier geholfen sein? Den so arg gebeutelten Hörgeschädigten wohl kaum.

Ist Aufmerksamkeit alles – um jene Ungerechtigkeit zu beheben. Sie kann auf den Sachstand aufmerksam machen, keine Frage. Aber Veränderung bedeutet wesentlich mehr, als sich Gehör und Geltung zu verschaffen. Bloqerin als Beruf kann eine Berufung sein – sie ist aber nur ein Medium – und worin soll sich Julia Probst dann von den so vermeintlich korrupten Verbandsfunktionären unterscheiden? In Punkto Aufmerksamkeit tut sie es nicht. Es ist keine Frage, dass es ihr gelungen ist, hier hat sie nochmals meine Anerkennung – sie verdient aber nicht meinen Respekt in der Frage, dass sie sich für die Hörgeschädigten im Sinne der Hörgeschädigten engagiert – sie will eine Kämpferin in eigener Sache sein, dass kann sie von mir aus ruhig sein. Aber den wirklichen Kampf gegen die Ungerechtigkeit scheut sie und der kann nur mit den Verbänden per se politisch gefochten werden, alles andere ist Bequemlichkeit. Julia Probst sollte doch so ehrlich sein, zuzugeben, dass sie ihre Berufung gefunden hat, im Sinne ihres Eigeninteresses – nicht aber im Sinne des Wohls aller. Sie ist wenig bemüht Lösungsansätze aufzuzeigen, wie man es anders machen könnte. Das gehört aber dazu, wenn man etwas bewegen möchte. Schimpfen alleine bringt die Sache nicht weiter.

Vielleicht wird sie es noch lernen, wenn sie sich als Freibeuterin engagiert und sobald sie die Weihen der höheren Politik erklommen hat. Es bleibt nur zu hoffen – dass sie dann den Fokus ihrer Klientel weiterhin im Auge behält. Spätestens dann wird sie aber auch merken müssen, wie wichtig die Verbände wie der Deutsche Gehörlosen-Bund, der Deutsche Schwerhörigenbund, die Deutsche Cochlear Implant Gesellschaft oder die Deutsche Tinnitusliga sind – als Freibeuterin alleine wird sie es nicht bringen oder leisten können.

PUBLIUS